Inhaltsübersicht
Legitime Forderung: Wechseljahre am Arbeitsplatz
Männergesundheit vs. Frauengesundheit:
Arbeitswelt von Männern für Männer gemacht
Frauen sind keine „kleinen Männer
Gleichwertigkeit statt Gleichheit
Diversity und Inklusion umfassen alle
Fazit: Inklusion durch echte Anerkennung
"Diversität" und "Inklusion" sind Schlagworte, die in vielen Unternehmen längst angekommen sind. Doch wenn es um die spezifischen gesundheitlichen Herausforderungen von Frauen geht, vor allem in den Wechseljahren und der Perimenopause, stoßen diese Konzepte oft an ihre Grenzen. So wird in Diskussionen immer wieder darauf verwiesen, dass das Thema Menopause am Arbeitsplatz nichts zu suchen habe und Frauen mehr schade als nutze. Männer würden um ihre Prostatabeschwerden auch nicht viel Aufhebens machen. Diese Einstellung ist grundlegend falsch.
Ein Vergleich vorab macht dies deutlich: Während Prostatabeschwerden bei Männern längst gesellschaftlich akzeptiert und medizinisch umfassend behandelt werden, hinkt das Thema Frauengesundheit, speziell in den Wechseljahren, noch hinterher. Eine schnelle Recherche auf der Wissenschaftsplattform PubMed zeigt, dass es über 548.000 wissenschaftliche Artikel zur "Prostate" gibt, aber nur knapp 98.000 zu "Menopause". Dies offenbart eine massive Wissenslücke und verdeutlicht den Nachholbedarf, wenn es um Frauengesundheit jenseits der Fruchtbarkeit geht.
Es ist kein Geheimnis: Die Arbeitswelt, wie wir sie heute kennen, wurde in einer Zeit und von einer Gruppe von Menschen geschaffen, die nur wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse von Frauen nehmen mussten. Die Strukturen, die damals etabliert wurden, orientierten sich an den biologischen Realitäten von Männern. Ein Beispiel? Der Testosteronspiegel von Männern erreicht zwischen 9 und 17 Uhr seinen Höchststand – exakt die typischen Arbeitszeiten, in denen Leistung erwartet wird.
Frauen, insbesondere in den Wechseljahren, erleben jedoch andere gesundheitliche Zyklen und Herausforderungen. Versuchen sie, sich in diese von Männern dominierte Arbeitswelt ohne Anpassungen einzufügen, führt das nicht selten zu Überforderung und Stress. Ein System, das von Testosteronspitzen bestimmt wird, passt einfach nicht zu Frauen, und schon gar nicht zu den hormonellen Veränderungen, die diese während der Perimenopause durchlaufen.
Die Zeiten, in denen Arbeitnehmer:innen einfach in eine "Einheitsuniform" gepresst wurden und von ihnen erwartet wurde, dass sie funktionieren, sind vorbei. In der heutigen Postmoderne geht es um das Aufbrechen von starren Rollenbildern und um die Anerkennung von Individualität. Frauen sind nicht nur ein unverzichtbarer Teil der Arbeitswelt, sie bringen auch ihre eigenen Themen mit – von Schwangerschaft über Endometriose bis hin zur Perimenopause.
Gleichberechtigung bedeutet daher nicht, alle gleich zu behandeln, sondern die individuellen Bedürfnisse zu respektieren. Frauen werden nicht erfolgreicher im Beruf, wenn sie versuchen, sich den Normen anzupassen, die für Männer geschaffen wurden. Wir müssen aufhören, Frauen zu "kleinen Männern" zu machen, und ihre gesundheitlichen Bedürfnisse ernst nehmen.
Diversity und Inklusion sind mehr als nur Modebegriffe. Sie stehen für die Anerkennung der Vielfalt an Lebensrealitäten und Erfahrungen – und das schließt auch die gesundheitlichen Herausforderungen von Frauen in den Wechseljahren ein. Wenn wir Gleichberechtigung wollen, müssen wir biologische Unterschiede respektieren.
Statt uns zu fragen, warum das eine Thema „wichtiger“ ist als das andere, sollten wir verstehen, dass Menschen aller Geschlechter – Frauen, Männer, nicht-binäre und transgender Personen – unterschiedliche Realitäten und damit auch unterschiedliche gesundheitliche Herausforderungen haben. Diese Herausforderungen können Einfluss auf die Karriere haben und dürfen nicht ignoriert werden.
Es ist wichtig, dass wir sowohl die Prostata- als auch die Eierstock-Gesundheit in den Arbeitsalltag integrieren. Das eine Thema sollte nicht gegen das andere ausgespielt werden. Im Gegenteil: Nur wenn wir alle Themen gleichwertig behandeln, können wir ein wirklich inklusives und gerechtes Arbeitsumfeld schaffen. Es ist Zeit, dass Unternehmen erkennen, dass die gesundheitlichen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden direkt mit ihrer Produktivität und Zufriedenheit verknüpft sind.
Diversity und Inklusion sind nicht nur schöne Worte, sondern müssen mit Leben gefüllt werden. Das bedeutet auch, die Wechseljahre und die Perimenopause am Arbeitsplatz zu thematisieren und Frauen die Unterstützung zu bieten, die sie in dieser Lebensphase brauchen. Nur so schaffen wir ein Arbeitsumfeld, das alle Geschlechter in ihrer individuellen biologischen Realität ernst nimmt.
Wechseljahre sind kein Tabu, sondern Teil der biologischen Realität von Frauen – und es ist höchste Zeit, dass wir das auch am Arbeitsplatz anerkennen.